Wie und warum didaktische Prinzipien Ihre Schulungen effektiver und nachhaltiger machen
Wer E-Learning erfolgreich einsetzen möchte, sollte verstehen, wie Multimediaelemente optimal gestaltet werden. Denn Details wie Aufbau, Farben, Genauigkeit beim Content beeinflussen den Lernerfolg maßgeblich.
Bereits 2002 hat Dr. Ruth Clark im Journal “E-Learning Guilds Learning Solutions” die Ergebnisse zahlreicher Studien zusammengefasst und sechs didaktische Prinzipien formuliert, die für erfolgreiches Lernen mit Multimedia entscheidend sind. Diese Lernprinzipien basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen darüber, wie unser Gedächtnis arbeitet und wie Lernprozesse gezielt gefördert werden können.
Wer einen E-Learning-Kurs entwickelt, sollte diese Prinzipien kennen und verstehen.
Bevor es losgeht: Eine kurze Erklärung zu E-Learning
E-Learning nutzt digitale Medien, um Lernprozesse zu unterstützen und Wissen flexibel sowie ortsunabhängig zu vermitteln – sei es für berufliche Weiterbildung, schulische Ausbildung oder persönliche Interessen.
Im Gesundheitswesen spielt effektives E-Learning eine besonders wichtige Rolle: Denn Schulungen müssen nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch die hohen Ansprüche an Präzision und schnelle Verfügbarkeit erfüllen.
Artikel Empfehlung:
Wie sich Präsenz- und Online-Schulungen im Gesundheitswesen ideal kombinieren lassen, um das Beste aus Ihrem Schulungssystem herauszuholen, erfahren Sie in unserem Artikel: “Blended Learning für das Gesundheitswesen”
Nun aber zu den sechs Lernprinzipien.
6 didaktische Prinzipien für erfolgreiches E-Learning: Was funktioniert und warum
1. Das Multimediaprinzip: Wie die Kombination von Text und Grafik den Lernerfolg steigert
Das Multimediaprinzip besagt, dass Grafiken, wie Bilder, Diagramme, Animationen oder Videos, den Lernprozess entscheidend verbessern können – vorausgesetzt, sie ergänzen den Text sinnvoll.
Warum es funktioniert:
Die Kombination von Text und Bild erleichtert es unserem Gehirn, Informationen zu verarbeiten und zu behalten. Allerdings gilt es, Grafiken gezielt auszuwählen: Bilder, die nur unterhalten sollen, lenken eher ab und mindern den Lernerfolg.
Gerade im E-Learning, wo der persönliche Kontakt fehlt, schaffen gut gewählte Grafiken eine zusätzliche Verbindung zum Lernstoff und steigern so den Lernerfolg.
Tipps zur Anwendung:
Die Auswahl der Grafiken sollte gezielt auf die Art des Inhalts abgestimmt sein. Hierbei unterscheidet man zwischen verschiedenen Inhaltstypen wie Fakten, Konzepte oder Verfahren. So sind z. B. Diagramme und Animationen ideal, um Prozesse und Abläufe zu veranschaulichen, während bei Fakten statische Bilder oft ausreichen.
2. Das Kontiguitätsprinzip: Wie die Nähe von Text zu Grafik das Lernen fördert
Das Kontiguitätsprinzip beschreibt, wie wichtig die räumliche Nähe von Text und Grafik ist, um das Lernen zu unterstützen.
Warum es funktioniert:
Erscheinen Worte und Bilder getrennt voneinander, müssen die Lernende zusätzliche kognitive Ressourcen aufwenden, um beides zu verbinden. Platzieren Sie Text und Bild direkt nebeneinander, erfolgt diese Integration automatisch, und der Fokus kann ganz auf das Verstehen der Inhalte gerichtet werden.
Forschungsergebnisse zeigen, dass der Lernerfolg um bis zu 68 % steigt, wenn Text und dazugehörige Grafik direkt nebeneinander angezeigt werden.
Tipps zur Anwendung
Beim Scrollen kann es oft passieren, dass das Kontiguitätsprinzip verletzt wird und Grafiken nicht direkt mit dem Text erscheinen. Sie können dies vermeiden, indem Sie kleinere Grafiken direkt neben dem zugehörigen Text platzieren. So bleiben beide Elemente auch beim Scrollen im sichtbaren Bereich, und die Verbindung zwischen Bild und Erklärung bleibt erhalten.
Ein E-Learning-Kurs zur korrekten Verwendung eines medizinischen Geräts zeigt das Kontiguitätsprinzip in der Praxis:
Das Bild des Geräts steht direkt neben dem Text, der die Handhabung beschreibt. So erfassen die Lernenden auf einen Blick, wie das Gerät aussieht und welche Schritte wichtig sind – ohne gedanklich zwischen Bild und Text springen zu müssen.
3. Das Modalitätsprinzip: Wie Audio in Verbindung mit Grafiken den Lernprozess verbessern
Das Modalitätsprinzip besagt, dass Audiokommentare den Lernerfolg erheblich steigern – besonders wenn sie visuelle Elemente wie Animationen unterstützen.
Warum es funktioniert:
Das Arbeitsgedächtnis nutzt zwei getrennte Bereiche – einen für visuelle Informationen und einen für auditive Informationen. Die gleichzeitige Nutzung beider Speicherbereiche erhöht die Effizienz unseres Gehirns, fördert ein tieferes Verständnis und verbessert die Lernergebnisse.
Tipps zur Anwendung:
Gesprochenes Audio eignet sich besonders dann, wenn die Gefahr einer kognitiven Überlastung besteht. Bei einer Animation für eine Softwareanwendung beispielsweise müssen Lernende ihre visuellen Ressourcen auf die Animation fokussieren. Müssten sie gleichzeitig einen Text lesen, könnte dies zu einer Überlastung führen.
“Using audio to describe a complex visual leverages the dual channels of our limited working memory. While the eyes view a visual, the words that enter the ears access the auditory centers of working memory and thus maximize its limited capacity.” – Ruth Colvin Clark, Evidence-Based Training Methods: A Guide for Training Professionals
4. Das Redundanzprinzip: Weniger ist mehr – So behindern Audio und Text das Lernen
Das Redundanzprinzip besagt, dass die gleichzeitige Erklärung einer Grafik durch Audio und Text das Lernen eher behindert als fördert, da das Gehirn zu viele Informationen gleichzeitig verarbeiten muss.
Warum es funktioniert:
Psychologisch betrachtet kann die Verwendung von Text, Bild und Ton die Speicherfähigkeit des Arbeitsgedächtnisses überlasten. Denn unser Gehirn kann nicht effizient zwischen visuellen und auditiven Informationen wechseln, wenn zu viele Reize gleichzeitig auftreten. Bereits die Kombination aus drei Elementen wie Grafik, Audio und Text kann zu viel sein.
Hier gilt: Weniger ist mehr. Ein klarer Fokus auf Grafik mit begleitendem Audio oder alleiniger Text genügt, um das Verständnis zu fördern.
Tipps zur Anwendung:
Um das Arbeitsgedächtnis nicht zu überlasten, ist es sinnvoll, Grafiken entweder mit Audio oder Text zu erklären. Besonders bei komplexem Material, das volle Konzentration erfordert, sollten Sie sich für eines der beiden Formate entscheiden.
Gibt es jedoch keine Animation oder Grafik, kann das Hörformat durchaus unterstützend wirken und den Lernerfolg fördern.
5. Das Kohärenzprinzip: Wie unnötige Effekte das Lernen behindern
Bei dem Versuch, E-Learning interessanter zu gestalten, verwenden einige Designer den sogenannten Las-Vegas-Ansatz. Glanz, Glitzer, dramatische Effekte, Hintergrundmusik und übermäßige visuelle Gestaltung sollen das Lernprogramm attraktiver machen.
Doch genau hier setzt das Kohärenzprinzip an. Dieses besagt, dass solche zusätzlichen Elemente den Lernerfolg beeinträchtigen, da sie vom Wesentlichen ablenken.
Warum es funktioniert:
Laut dem amerikanischen Psychologen und Professor Richard Mayer lenken zusätzliche Materialien wie Hintergrundmusik oder irrelevante Grafiken vom Lernen ab, indem sie…
… den Fokus von wichtigen Inhalten ablenken.
… die Organisation des Lernstoffs stören.
… irrelevantes Vorwissen aktivieren, das nicht zur Problemlösung beiträgt.
- … den Fokus von wichtigen Inhalten ablenken.
- … die Organisation des Lernstoffs stören.
- … irrelevantes Vorwissen aktivieren, das nicht zur Problemlösung beiträgt.
Ein prägnanter, auf den Punkt gebrachter Text ist in der Regel wirkungsvoller als lange, ausgeschmückte Erklärungen.
In einem Experiment erzielten Studierende mit einer klaren und reduzierten Darstellung der Lerninhalte 69 % bessere Ergebnisse als jene, deren Lernmaterial durch überflüssige Elemente „aufgepeppt“ war.
Tipps zur Anwendung:
Als Trainer oder E-Learning-Designer sollten Sie klar zwischen Unterhaltung und Lernen unterscheiden.
Mayer unterscheidet hier zwischen kognitivem Interesse, das das Verständnis fördert, und emotionalem Interesse, das durch überflüssige Inhalte das Lernen eher behindert. Das Ziel: In Lernprozessen, die kognitives Denken erfordern, kognitives Interesse fördern und emotionales Interesse vermeiden.
6. Das Personalisierungsprinzip: Wie eine persönliche Ansprache und soziale Einbindung den Lernerfolg steigert
Das Personalisierungsprinzip besagt, dass wir effektiver lernen, wenn wir uns sozial eingebunden fühlen. Eine persönliche Ansprache oder der Einsatz virtueller Lernagenten schaffen das Gefühl eines echten Gesprächspartners und fördern so die Interaktion.
Laut Richard Mayer steigert die Verwendung von „Du“ und „Ich“ statt formeller Sprache den Lernerfolg erheblich. Interessanterweise spielt es dabei keine Rolle, ob der Lernagent ein Cartoon-Charakter oder eine reale Person ist. Der Lehrer muss nicht einmal visuell erscheinen, schon seine Stimme verhilft zu besseren Erfolgen.
Warum es funktioniert:
Lernen basiert auf sozialer Interaktion – auch in virtuellen Umgebungen. Sprache und Ansprache aktivieren unbewusst gesellschaftliche Konventionen, die das Zuhören und Antworten fördern.
Auch im E-Learning kann ein Lernagent als sozialer Partner wahrgenommen werden, der den Lernenden motiviert und zur aktiven Teilnahme anregt.
Tipps zur Anwendung:
Für ein effektives E-Learning-Drehbuch nutzen Sie idealerweise die Ansprache in der ersten und zweiten Person („Ich/wir“ und „Du“). Der Lernagent muss dabei nicht realistisch wirken, sollte aber die Rolle eines Mentors oder Begleiters übernehmen. Auch ein lockerer und weniger formeller Ton sorgt dafür, dass sich Lernende eher angesprochen fühlen und die Inhalte besser verinnerlichen.
Die wichtigsten Punkte des Personalisierungsprinzips auf einen Blick:
- Das Aussehen des Lernagenten (ob menschlich oder nicht) spielt keine Rolle.
- Audio-Anleitungen erzielen bessere Ergebnisse als reiner Text.
- Ein lockerer und informeller Stil erreicht die Lernenden besser.
Fazit
Die hier vorgestellten didaktischen Prinzipien bauen auf den Erkenntnissen der Lernpsychologie auf und helfen, die Grenzen und Potenziale unseres Gedächtnisses gezielt zu nutzen. Sie bieten eine fundierte Grundlage, um E-Learning-Kurse effektiv zu gestalten und den Lernerfolg nachhaltig zu steigern.
Nutzen Sie diese Prinzipien, um Ihre Schulungen gezielt zu optimieren!
Sie wünschen Unterstützung bei der Umsetzung? Dann kontaktieren Sie uns noch heute für ein unverbindliches Beratungsgespräch und profitieren Sie von einer didaktisch fundierten Gestaltung, die perfekt auf die Bedürfnisse Ihrer Lernenden abgestimmt ist.
Offene Fragen?
Didaktische Prinzipien im E-Learning sind bewährte methodische Ansätze oder auch Lernprinzipien, die das Lernen strukturieren und unterstützen. Sie basieren auf Erkenntnissen der Lernpsychologie und stellen sicher, dass das Lernmaterial nicht nur vermittelt, sondern auch wirklich verstanden und langfristig behalten wird.
Zu den zentralen Prinzipien gehören etwa das Multimediaprinzip, das den Einsatz von Text und Grafiken kombiniert, und das Modalitätsprinzip, das Audio zur visuellen Unterstützung nutzt.
Das Multimediaprinzip besagt, dass der Einsatz von Text in Kombination mit passenden Grafiken, Diagrammen oder Videos den Lernerfolg deutlich steigern kann. Wenn Lernende Informationen visuell und schriftlich gleichzeitig wahrnehmen, fällt es ihnen leichter, komplexe Inhalte zu verstehen und sich diese langfristig einzuprägen.
Didaktische Prinzipien helfen, das Gelernte nachhaltig im Gedächtnis zu verankern, indem sie das Lernmaterial so strukturieren, dass es den kognitiven Prozessen des Gehirns entspricht. Prinzipien wie das Kontiguitätsprinzip (Text und Bild nebeneinander) und das Multimediaprinzip (Kombination aus Text und Grafik) reduzieren die kognitive Belastung, sodass die Lernenden Informationen leichter verarbeiten und behalten können.
Didaktische Prinzipien helfen im Gesundheitswesen, komplexe Inhalte präzise und verständlich zu vermitteln. Sie fördern den Wissenstransfer, unterstützen praxisnahe Anwendungen und verbessern die langfristige Verankerung des Gelernten – besonders entscheidend in einem Bereich, wo Genauigkeit und Effizienz oberste Priorität haben.
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Quelle: Ruth Clark: Six principles of Effective e-Learning. What Works and Why